Das Thema Altersvorsorge hat mich in meinen ersten Berufsjahren nicht interessiert. Ich wollte davon erst gar nichts wissen. Als wir dann mit unserem Büro für Alles gestartet sind und mit der Selbstständigkeit die Einzahlungen in die gesetzliche Rente ausblieben, habe ich Hals über Kopf eine Rentenversicherung abgeschlossen. Irgendwas mit Kapitalmarkt und ohne Risiko. Ärgerlich nur, dass dabei vor allem die Versicherung ein gutes Geschäft gemacht hat. Dabei geht Altersvorsorge heute ziemlich einfach sehr viel besser.
Die Geschichte beginnt vermutlich oft gleich: Vom Einstiegsgehalt bleibt nicht genug übrig, als dass man davon schon etwas für die Rente zurücklegen will. Die liegt gefühlt sowieso noch unendlich weit weg. Gleichzeitig sind Eltern, Großeltern und Bekannte immer wieder mit dem gleichen Rat zur Stelle: spätestens mit dem ersten Gehaltszettel mit der Altersvorsorge anzufangen. Wie genau, weiß aber selten jemand. Ich dachte damals: Wenn ich später mal richtig Geld verdiene, kann ich immer noch damit anfangen!
(Foto: dukeofbookingham.tumblr.com)
So geht es eine Weile. Die erste oder zweite Gehaltserhöhung kommt. Und dann schlägt irgendwann das schlechte Gewissen und kurz darauf die Banken und Versicherungen zu.
Also habe ich vor 3 Jahren das Altersvorsorgeprodukt Index Garant der Sparkassenversicherung abgeschlossen. Ein vertrauenswürdiger Anbieter und eine monatliche Sparrate von 300€ in eine klassische Rentenversicherung investiert, das ganze noch mit allen Chancen des Kapitalsmarktes und ohne Verlustrisiko. Da kann ich nichts falsch machen, dachte ich. Wie falsch ich lag, musste ich drei Jahre später feststellen. Als ich die Versicherung vorzeitig kündigte, waren von meinen bis dahin eingezahlten 7800€ beinahe 3000€ dahin. Mit jedem weiteren Jahr Vertragslaufzeit wäre es zunächst dicker gekommen, und am Ende der Vertragslaufzeit hätte ich einen mindestens mittleren vierstelligen Betrag an die Versicherung überwiesen: Abschlusskosten für das Produkt, die in keinem Beratungsgespräch erwähnt und auch in den Unterlagen nur im Kleingedruckten, verklausuliert und in den sog. garantierten Rückkaufswerten versteckt, für mich nicht zu erkennen waren. Deren Berechnung und tatsächliche Höhe konnte mir auf Anfrage nicht einmal der Sparkassenvertreter selbst nennen.
Wie war das noch mal mit dem ohne Verlustrisiko, waberte es da ungläubig durch meinen Kopf. Und warum darf in Deutschland eigentlich im Jahr 2016 noch immer ein Altersvorsorgeprodukt auf Provisionsbasis an junge Menschen verkauft werden, dessen für seine Kunden tatsächlichen anfallenden Kosten nicht einmal der Bankberater selbst aufzeigen kann oder will?
Heute wundere ich mich nicht mehr über in komplizierten Finanzprodukten versteckte Gebühren, die die Verkaufsprovisionen und Rendite der Versicherer maximieren, aber nicht den Sparertrag des Kunden, sondern mache lieber gleich einen großen Bogen darum. Denn Altersvorsorge geht heute ziemlich einfach, ziemlich viel besser – ohne Bankberater, Versicherungsmakler oder den vermeintlich neuesten Anlagetrend.
Smarte Altersvorsorge mit Aktienfonds und Staatsanleihen
Gerd Kommer hat in seinem mit dem deutschen Finanzbuchpreis ausgezeichneten Buch Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs den aktuellen Stand wissenschaftlicher Finanzmarktforschung in eine Anlagestragie für den Privatanleger übersetzt.
(Die Zeit für die 320 Seiten sind eine wirklich sinnvolle Investition, gerade wenn man überlegt, wie teuer wir unser Geld verdienen müssen. Im besten Falle soll es dann ja für uns arbeiten, statt bei Niedrigzinsen auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto zu liegen oder noch schlimmer – ein beträchtlicher Teil davon in den Taschen von Banken und Versicherung landen.)
Die Grundidee dahinter ist so einfach wie deren Umsetzung: Ein breit diversifiziertes Portfolio aus risikobehafteten Aktien und sicheren kurz- bis mittelfristigen Staatsanleihen in eigener Währung, abgestimmt auf das der aktuellen Lebenssituation entsprechende Risikoprofil, das man über einen langfristigen Zeitraum nicht anfasst und sich vermehren lässt. Je länger die Rente dabei noch entfernt ist, umso höher sollte der risikobehaftete Aktienanteil sein. Für einen jungen Menschen am Anfang seiner Berufstätigkeit können das sogar 100% sein. Je näher man der Rente kommt, schichtet man Kapital nach und nach in Richtung Staatsanleihen um und senkt so das Risiko von Verlusten in turbulenten Börsenzeiten. Die sollten einen jungen Menschen übrigens kalt lassen: Der Anlagehorizont ist weitaus größer als die historisch längste Verlustphase eines global diversifizierten Aktienportfolios, die jemals gemessen wurde.
Dabei ist dann noch darauf zu achten – im Gegensatz zu meinem ersten Versuch mit der Rentenversicherung – die Kosten für die Finanzprodukte möglichst niedrig zu halten. Das geht mithilfe von sogenannten Exchange Trades Funds – kurz ETFs – die sich zum Ziel gesetzt haben, einen großen Index nachzubilden, also zum Beispiel den sog. MSCI World, der die Kursentwicklung von 1612 Unternehmen aus 23 Ländern abbildet. Man spricht von passiven Fonds, da kein hochbezahlter Manager das Portfolio des Fonds hin- und herschichtet und man dafür dann in Form von höheren Gebühren zahlt, sondern lediglich die Zusammensetzung des Index nachgebildet wird, so dass der ETF sich möglichst exakt so entwickelt wie der abgebildete Index. Dabei unternimmt man übrigens gar nicht erst den Versuch, besser abzuschneiden als der Markt, sondern lediglich an den dort erwirtschafteten Gewinnen zu partizipieren. Warum das eine überlegene Strategie ist und es nahezu unmöglich ist, über einen längeren Zeitraum besser abzuschneiden als der Durchschnitt des Marktes, erklärt Kommer einfach nachvollziehbar.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Meine Strategie ist ziemlich einfach: Ich verwalte mein Depot selbstständig und setze hauptsächlich auf die beiden Comstage ETFs ComStage MSCI World TRN UCITS ETF und ComStage MSCI Emerging Markets TRN UCITS ETF. Die sind günstig und es fallen keine ausschüttungsgleichen Erträge an, die man bei der Steuererklärung berücksichtigen müsste. Natürlich kann man sein Portfolio noch weiter diversifizieren und z.B. Rohstoffe hinzunehmen oder Fonds von anderen Anbietern. Ob das am Ende aber wirklich viel besser ist, ist a priori sowieso nicht klar und verursacht Aufwand, der auch erst einmal wieder verdient werden muss.
Klingt immer noch aufwändig? Ist es nicht: Ein kostenloses Depot, dass man z.B. bei der ING DiBa bekommt, ist schnell eröffnet. Danach braucht man nicht mehr als ein paar Minuten, will man z.B. jeden Monat einen Teil des Gehalts neu investieren: In jedem Fall einfacher, als eine Versicherung abzuschließen und vorher deren Bedingungen wirklich verstanden zu haben.
Noch bequemer geht es, sein Geld alternativ mithilfe eines sog. Robo-Advisors anzulegen. Klingt schräg, ist es aber nicht: Das sind Dienstleister, die zum Beispiel per Sparplan genau jene langfristige sog. Buy-and-Hold Strategie für Ihre Kunden umsetzen, von der wir sprechen, und dafür eine – wieder verglichen mit den Kosten für Anlageprodukte bei etablierten Banken – sehr moderate Gebühr verlangen. Ziemlich gelungen finde ich die Simulation auf growney.degrowney.de, die eine Prognose zur Wertentwicklung eines solchen Portfolios basierend auf 100.000 zufälligen historischen Renditepfaden berechnet und so ein gutes Gefühl für das tatsächliche Risiko und die Chancen eines solchen Investments vermittelt.

Der erwartete Ertrag einer Kapitalanlage auf Basis einer langfristigen Buy and Hold Strategie – simuliert auf Basis von 100.000 zufällig ausgewählten historischen Renditepfaden auf growney.de
(Growney hat inzwischen schon einige Tests gewonnen und es gibt regelmäßig ganz gute Angebote zum Einstieg.** Go.)
Wie sicher ist die Geldanlage in ETFs mit oder ohne Hilfe eines Robo-Advisors?
Um die Risiken einer solchen langfristigen Anlagestrategie richtig zu verstehen, muss man zwischen dem Ausfallrisiko und dem Kursrisiko von Investitionen in ETFs und Indexfonds unterschieden.
Staatsanleihen in eigener Währung wiederum sind neben dem gesparten Geld auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto, das bis zu einer Höhe von 100.000€ im Rahmen der staatlichen Einlagensicherung geschützt ist, die sicherste Geldanlage, die es gibt. Theoretisch gibt es auch hier das Risiko eines Ausfalls, wenn z.B. die Bundesrepublik Deutschland zahlungsunfähig würde. Da dies aber sehr unwahrscheinlich ist, hat sich der Begriff des risikofreien Geldanlage durchgesetzt.
Kein Ausfallrisiko aufgrund von Sondervermögen
Durch die Investition in ETFs – mit oder ohne die Hilfe eines Robo-Advisors – erwirbt man Eigentum an den Anteilen des jeweiligen Fonds. Diese sind entweder physisch replizierend – der Fond erwirbt tatsächliche Anteile an den Unternehmen des jeweiligen Index in Form von Aktien – oder sog. Swaps, für die wiederum echte Aktien als Sicherheit hinterlegt sind. Das ganze liegt im Depot bei der Bank, die diese Anteile verwaltet. Aktien sind sog. Sondervermögen, da der Anleger zu jedem Zeitpunkt Eigentümer der verwalteten Werte in seinem Depot bleibt. Im Falle einer Insolvenz der Depot verwaltenden Bank kann der Depotinhaber weiter über seine gesamten Fondsanteile verfügen; das Sondervermögen fließt nicht in die Insolvenzmasse ein.
Wer sich gerne eines bildlichen Vergleichs bedienen will: Man kann das Depot einer Bank mit einem Parkhaus vergleichen. Nur weil der Betreiber eines Parkhauses pleite geht, gehören ihm (bzw. dessen Gläubigern) nicht alle darin geparkten Autos. Dasselbe gilt für eine Investition mithilfe eines Robo-Adivsor: Geht dieser Insolvent, bleiben die Werte im Depot davon unberührt.
Dies ist ein entscheidender Unterschied zu einer Anlage in Tages- oder Festgeldern, aber auch zur klassischen Rentenversicherungen: Hier leiht ein Anleger sein Geld einer Bank oder Versicherung. Die Sicherheit der Rückzahlung des geliehenen Geldes hängt somit von der Zahlungsfähigkeit des Anbieters in vielen Jahren ab.
Das Kontrahentenrisiko eines Swaps am Beispiel von ComStage & Commerzbank
Ein wenig anders ist es bei Swap-ETF, wenn nicht die Depot verwaltende Bank, sondern der sog. Swap-Partner bankrott geht. Es bleibt das sog. Kontrahentenrisiko. Der Swap-Partner ist zum Beispiel bei den ComStage ETF die Commerzbank, und ein sehr großer Anteilseigner der Commerzbank ist die Bundesrepublik Deutschland. Die Swaps sind jedoch für diesen Fall ziemlich gut gesichert, am Beispiel der Comstage erklärt:
Die ComStage bildet alle synthetischen ETF über ein gemeinsames Trägerportfolio ab. Das Trägerportfolio besteht aus erstklassigen deutschen Aktien. Dieses ist ebenso als Sondervermögen geschützt. 3 mal jährlich wird dieses Trägerportfolio angepasst an die Wertentwicklung des Indizes, den der ETF abbilden soll. Zwischen diesen Terminen wird die Wertentwicklung über einen Swap abgebildet. Dabei garantiert der Swap-Partner – hier die Commerzbank – die Wertentwicklung des Indizes abzubilden. Der Swap kann positiv sein – wenn das Trägerportfolio sich schlechter entwickelt als der Index, oder negativ. Nur im ersten Fall besteht ein theoretisches Risiko für den Anleger, da er eine Forderung gegenüber dem Swap-Partner hat. Dieser Swap ist wiederum mit 105% mit deutschen Staatsanleihen besichert, so dass ein Anleger ein Ausfallrisiko von 0,00% hat, sollte die Commerzbank tatsächlich insolvent gehen.
Alle diese Informationen veröffentlich ComStage auch auf der Website unter dem Punkt „Transparenz“ auf http://www.comstage.de/News/PressArticles.aspx?c=30229.
Zur Erläuterung: In der dort aufgeführten Liste „Trägerportfolio“ kann man der Spalte „Basket %NAV“ entnehmen, wie viel Prozent des Wertes eines ETF schon durch das Trägerportfolio (dem Sondervermögen, investiert in deutsche Aktien) abgedeckt werden. Ist dieser Wert größer als 100.00%, besteht kein Ausfallrisiko, da der Fonds hier der Commerzbank etwas schuldet. Bei den Indizes die sich besser entwickelt haben als die deutschen Aktien gibt es einen positiven Swap zugunsten des ETF, z.B. beim ComStage MSCI Taiwan TRN UCITS ETF, mit einem Swap von 7.17%. Schon mit der gesetzlichen Sicherungsquote von 90% auf den Swap läge also das Ausfallrisiko nur bei 0,1 * 7,17 % und damit 0,72%, bezogen auf das insgesamt eingezahlte Geld der Anleger in diesen ETF, da das Ausfallrisiko ja nur für den Swap-Anteil besteht und nicht für das Trägerportfolio.
Da die ComStage diesen Swap aber mit 105% mit deutschen Staatsanleihen besichern lässt, beträgt das Ausfallrisiko tatsächlich 0.00%.
Das Kursrisiko
Das Kursrisiko trägt genau wie bei Aktien der Besitzer der jeweiligen Fonds. Jedoch kann man dieses Risiko durch ein sehr breit gestreutes Investment in ein weltweites Portfolio minimieren, wie es z.B. Growney macht und auch mit den beiden oben genannten Comstage-ETF abgebildet ist.
Darüber hinaus darf man davon ausgehen, dass sich die Kurse z.B. nach einem globalen Einbruch der Finanzmärkte relativ schnell wieder erholen. Nach der Finanzkrise 2008 oder dem Zusammenbruch der Aktienmärkte im Rahmen der Corona-Pandemie im März 2020 hat das beispielsweise nicht allzu lange gedauert. Daher ist das Kursrisiko für jemanden mit einem langen Anlagehorizont weniger dramatisch. Später dann kann und soll man, je näher man der Rente kommt und auf sein Vermögen in Form von liquiden Mitteln zurückgreifen will, den risikobehafteten Aktienanteil sukzessive herunterfahren. So kann das Kursrisiko zur richtigen Zeit effektiv begrenzt werden, ohne in den Jahren zuvor auf die entsprechenden Renditechancen zu verzichten.
Fazit
Eine langfristige Geldanlagestrategie zur Altersvorsorge mithilfe von ETFs und Indexfonds – mit oder ohne die Hilfe eines Robo-Advisors – ist einfach umzusetzen und gegenüber klassischen Kapitalanlageprodukten wie z.B. einer Rentenversicherung aufgrund des viel besseren Risiko-Rendite-Verhältnis und geringeren Kosten klar zu bevorzugen.
Update vom 23.10.2016: Da wir viele Fragen zu den Risiken einer ETF-basierten Geldanlagestrategie erhalten haben, haben wir das entsprechende Kapitel ergänzt.
P.S.: Gefühlt rät dazu sogar Baz Luhrmann in Everybody’s Free. (Tatsächlich aber nicht.)
P.P.S.: Warum empfehle ich ausgerechnet Growney und die ING DiBa? Ich bin bei beiden zufriedener Kunde:
- Nachdem ich mich mit dem Thema Altersvorsorge mittlerweile reichlich auseinandergesetzt habe, bin ich vom Produkt von Growney
und den Konditionen überzeugt. Inzwischen empfiehlt sie übrigens auch der Finanztipp und die Stiftung Warentest. Dazu kommt noch ein persönlicher Vertrauensbonus: Mit Jonas, bei Growney für das Produkt und die IT zuständig, habe ich gemeinsam studiert und wir sind seit vielen Jahren eng befreundet.
- Als studierter Volkswirt hat es mir zwar nicht geholfen, erst einmal unbedarft ein schlechtes Produkt bei der Sparkassenversicherung zu kaufen. Dann aber doch zu verstehen, warum die Anlagestrategie von Growney und Kommer sinnvoll und richtig ist.
- Mein Konto habe ich seit vielen Jahren bei der ING DiBa und schätze das einfache Online Banking, das kostenlose Depot und Bargeldabhebung ohne Gebühren an beinahe jedem Automaten in Deutschland. Gibt’s aber bei anderen Direktbanken ähnlich.
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